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Zwischen den (Wien-)Zeilen

Von Baklava bis Jugendstil

Er ist der größte Freiluftmarkt Wiens – der Naschmarkt. Seit über 200 Jahren erstreckt er sich entlang des Wienflusses zwischen der Linken und der Rechten Wienzeile. Ein Lokalaugenschein zwischen Baklava, Gewürzständen und Jugendstil-Architektur.

Von Christopher ERBEN

miteinander 3-4/2025

miteinander-Magazin 3-4/25

Ein Samstagvormittag im Frühjahr. Auf dem größten Markt inmitten von Wien, dem Naschmarkt, herrscht ein dichtes Gedränge und Geschubse. „Probieren Sie mein kandiertes Obst“, ruft auf einmal eine Stimme und durchbricht die Geräuschkulisse für einen Augenblick. „Glauben Sie mir: Es wird Ihnen schmecken.“ Der hinter dem Stand stehende Mann heißt Ahmad und kommt ursprünglich aus Afghanistan. Seit einigen Jahren arbeitet der heute 25-Jährige am Naschmarkt und verkauft hier Nüsse, Baklava sowie getrocknetes Obst, das vor ihm in den Farben rot, grün oder gelb in der Sonne strahlt. Gelegen zwischen dem vierten und sechsten Wiener Gemeindebezirk bzw. der Rechten und Linken Wienzeile, ist der Naschmarkt der größte Straßenmarkt Österreichs. Über 61.800 Menschen bevölkern ihn jede Woche im Schnitt, heißt es vom Marktamt der Stadt Wien, welches ihn betreut und beaufsichtigt. Entstanden ist er im 18. Jahrhundert als Kärntnertormarkt. Sein Name geht nicht nur auf das Naschen, sondern auch auf die Asche zurück, was an die frühere Nutzung des Areals als Aschendeponie erinnert. Mit dem Bau der Wiener Stadtbahn gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts veränderte sich der Markt, da der Wienfluss auf einer Länge von rund 720 Metern eingewölbt wurde. Heute braust neben diesem anstelle der Stadtbahn die U-Bahnlinie 4 durch mehrere Tunnel. Seit ihrer Eröffnung 1976 ist die U4 die älteste der fünf Wiener U-Bahn-Linien und besitzt, statt der geplanten Kennfarbe violett, seit 1977 die heute bekannte Farbe grün.


Zwischen Salzburg und Wien
Eine Frau mit einem Mädchen an der Hand spaziert über den Naschmarkt. Für Johanna war der Markt immer etwas Besonderes und Einzigartiges, wenn sie als Schülerin die Bundeshauptstadt besuchte. Stundenlang konnte sie zwischen den alten Ständen flanieren. Seitdem sie in Wien lebt und arbeitet, kommt sie immer samstags mit ihrer Tochter vorbei, um hier Lebensmittel einzukaufen. Dafür nimmt sie sich auch jede Menge Zeit und Geld in die Hand. „Gemeinsam schlendern wir dann immer gezielt von einem Stand zum nächsten“, erzählt die 38-Jährige begeistert. Von den über 123 Ständen wird heute aber nur mehr an insgesamt sechs Obst und Gemüse verkauft, womit sich das Erscheinungsbild des Marktes in den vergangenen Jahren deutlich verändert hat, bedauert Johanna. Einer der wenigen ist jener von Ridvan, den es seit über 20 Jahren am Naschmarkt gibt. „Stammkunden habe ich Gott sei Dank nach wie vor sehr
viele“, freut er sich, während er ein paar Preisschilder zurechtrückt: „Jeden Einzelnen
kenne ich sogar persönlich.“ Wer am Naschmarkt auf seine Nase vertraut, wird nicht enttäuscht. Der Duft führt einen zu den verschiedenen Gewürzständen, die dem Markt heute stellenweise ein sehr orientalisches Flair verleihen. „Auf die richtige Mischung kommt es immer an – so wie im richtigen Leben“, schmunzelt die Inhaberin eines Gewürzstandes, der ungefähr in der Mitte des Markes liegen muss. Sie kennt jedes der über 4000 in kleinen Sackerln verpackten Salze, Pfeffer, Gewürze sowie Gewürzmischungen.

 

Seit über 20 Jahren verkauft Herr Ridwan Obst und Gemüse am Naschmarkt.

 

An den Zeilen
Doch nicht nur kulinarisch, auch architektonisch sind der Markt und dessen Umgebung einen Besuch wert: An der Linken Wienzeile stehen nicht nur die drei Wienzeilen-Häuser des Jugendstil-Architekten Otto Wagner, die in den Jahren von 1898 bis 1899 errichtet wurden, sondern auch das ehemalige Verwaltungsgebäude der Versicherungsanstalt der Eisenbahner aus dem Jahr 1912. Nicht unerwähnt soll das Theater an der Wien sein, das im Jahr 1801 eröffnet wurde und in dem einst Ludwig van Beethoven eine Zeit lang wohnte. Jüngeren Datums ist der Sitz der Austria Presse Agentur, welcher sich im rückwärtigen Teil des Alfred-Grünwald-Park versteckt.


Noch mehr Grün
Rund eine Dreiviertelstunde brauchen Besucher, um den Naschmarkt vom Anfang bis zum Ende – also vom Karlsplatz bis zur Kettenbrückengasse – zu durchmessen, was jedoch meistens vom gewählten Wochentag und der Tageszeit abhängt. Vorbei geht es an unterschiedlichen Kebab- und Falafelständen, Bars und Restaurants verschiedener Küchen, deren Gäste im Schanigarten sitzen. Angekommen am westlichen Endpunkt erwartet die BesucherInnen der Bauernmarkt, auf dem Gärtner aus Wien und dem Umland ihre Produkte verkaufen.


Unweit davon soll auf einer Freifläche in den nächsten Jahren der sogenannte Naschpark entstehen. Dorthin sollen Bauernmarkt und Flohmarkt übersiedeln. Geht es nach den Stadtplanern, soll dieser Ort die Menschen zum Verweilen einladen. Darauf freut sich Johanna schon sehr, die auf der Wieden wohnt. „Die Gegend wird dadurch noch mehr aufgewertet und lebenswerter“, ist sie überzeugt und schultert ihre Einkaufstasche. „Und der Naschmarkt darf sich dann über noch mehr Besucher freuen.“

 

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