Mag. Lukas Cioni
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miteinander 3-4/2025
Ob in ihrer Ordensgemeinschaft hauptsächlich eher ruhig veranlagte Frauen seien? Auf diese Frage hin muss Schwester Elija herzhaft lachen. „Im Gegenteil“, sagt die Karmelitin, „wir reden alle eigentlich sehr gern.“ Und dennoch haben sich Schwester Elija, Priorin im Karmel Maria Jeutendorf, und ihre acht Mitschwestern für ein Leben in Stille entschieden. Denn der Karmel – so wie er vor rund 500 Jahren von der heiligen Teresa von Avila gegründet wurde – ist ein kontemplativer Orden. Die Stille ist eine wesentliche Säule des zurückgezogenen Lebens, das die Schwestern im ehemaligen Servitenkloster in der Nähe von St. Pölten führen. „Die Stille dient dazu, sich ganz auf die Gegenwart Gottes auszurichten“, erläutert Schwester Elija. „Sie ist für mich nicht die Abwesenheit von etwas, sondern voller Leben – durch die Gegenwart Gottes, der die Gegenwart selbst ist.“
Es braucht Disziplin
Zum Leben im Schweigen müsse man berufen sein, sagt Schwester Elija. Und selbst als Berufene sei es ein Prozess, immer mehr in die Stille einzutauchen. „Man lernt das. Für mich zum Beispiel war es am Anfang schwer. Heut ist es der Himmel. Ich habe ein großes Bedürfnis danach.“ Im alltäglichen Ordensleben setzen die Ordensfrauen alles daran, die Stille im Kloster zu bewahren. Schwestern, die im Klostergang oder im Garten zum Plaudern zusammenstehen, wird man in Maria Jeutendorf deshalb kaum sehen.
Treffen sich zwei Ordensfrauen im Haus, nicken sie einander freundlich zu, wechseln aber keine Worte. Auch beim Arbeiten in der Küche oder in der Hostienbäckerei wird – bis auf manchmal Notwendiges – nicht geredet. „Das braucht Disziplin“, gibt Schwester Elija zu. „Es ist aber sehr wichtig. Wenn man meint, es ist eh nicht so tragisch, wenn man da oder dort miteinander spricht, verliert man leicht den Weg in die Stille zurück.“ Für einen selbst, aber auch aus Wertschätzung den anderen gegenüber bemühen sich alle im Haus zu schweigen.
Kleine Zettel an der Tür
Die Schwestern kommunizieren mitunter über kleine Zettelchen, die sie zum Beispiel an die Tür einer Mitschwester kleben. „Wenn es nicht allzu dringend ist, ist das eine Möglichkeit, einer Schwester etwas mitzuteilen ohne klopfen zu müssen, so behalten wir die Stille.“ Hat eine Schwester das Bedürfnis, über ein Anliegen zu sprechen, oder gibt es unaufschiebbar Organisatorisches zu besprechen, ziehen sich die Schwestern für die Gespräche zurück, um niemanden zu stören.
Und doch haben Austausch und Feiern ihren Platz im Ordensleben. Jeden Tag treffen sich die Karmelitinnen zwischen 19 und 20 Uhr zur „Rekreation“. Sie sitzen zusammen und plaudern, während sie die Hostien für den Verkauf sortieren. Ein wichtiger Moment im Ordensleben. „Die Stille fällt manchmal auch schwer. Da ist diese Stunde eine Möglichkeit, Spannung loszulassen. Wir erzählen einander über unseren Tag, blödeln auch viel, manchmal reden wir auch über ernstere Themen. Wie es sich ergibt, ganz locker.“