• Ausgabe 5-6 / 2015

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Unsere Themen im Jahr 2015

Der Marathon als Ostererfahrung

Laufsport kann eine Möglichkeit sein, sich für Spiritualität zu öffnen, erläutert der Philosoph und Journalist Frank Hofmann.

 

„Ursprünglich habe ich versucht, Läufer zu spirituellen Menschen zu machen, aber herausgefunden, dass es einfacher ist, spirituelle Menschen zu Läufern zu machen. Im Sport fällt es auch solchen Menschen leichter, eine Transzendenzerfahrung zu haben, die sich in der Kirche damit schwertun.“


Frank Hofmann weiß, wovon er spricht. Damals habe er sich für das Studium der Philosophie entschieden, um seinen Atheismus begründen zu können. Als er jedoch seine zweite Frau, eine gläubige Christin, kennenlernte, fand er zu Gott – und absolviert jetzt mit über 50 ein berufsbegleitendes Theologiestudium. Neben seiner Tätigkeit als Chefredakteur für einen ökumenischen Verein, der Initiativen zum Kirchenjahr setzt, bietet er Seminare zu Spirituellem Laufen an: mehrwöchige Einsteiger-Kurse, die mit kirchlicher Begleitung ideale Bedingungen bieten, um das Laufen zu lernen und sich dabei mit spirituellen Impulsen auseinanderzusetzen.


Gemeinsame Einstimmung
„Hier steht nicht die sportliche Anstrengung im Vordergrund, sondern die liturgische Rahmung durch das gemeinsame Gebet in der Kirche vorher und die schützende Gewissheit, dass man nie der Letzte der Gruppe ist – das Schlusslicht bilde immer ich. Es geht nicht ums Schnellerwerden oder um ehrgeizige Wettkämpfe, sondern um das Gemeinsame mit anderen.“


Zur Einstimmung in der Hamburger St.-Petri-Kirche gibt es ein einfaches Gebet, etwa ein Kollektengebet. Anschließend erhalten die Laufwilligen einen Satz, eine Bibelstelle oder einen Gedanken mit auf den Weg. Mit diesen Impulsen dürfen sie unterwegs individuell
umgehen: im Stillen darüber nachdenken, sie wie ein Mantra aufsagen oder sich mit anderen darüber unterhalten. Im Anschluss erfolgt ein offener Austausch über das beim Laufen Erlebte.

 

Transzendentales Erlebnis
„Eine religiöse Deutung von Erlebnissen beim Laufen ist möglich, aber nicht zwingend erforderlich“, so Hofmann. Das Laufen biete „ein anderes Deutungssystem und eine andere Sprache, die mir neue Erfahrungen eröffnet, zum Beispiel im Gebet“, meint der Sportler. „Wenn ich meine Erfahrungen und Gefühle im Lauf deute, habe ich eine Möglichkeit, mit Gott ins Gespräch zu kommen.“

 
Diese Erfahrungsmöglichkeiten bietet laut Hofmann kein anderer Sport. Gerade das Repetitive und Monotone des Laufens, gepaart mit der körperlichen Anstrengung, sei nirgends sonst so wirkungsvoll, da alle anderen Sportarten zu vielen Reizen und  Ablenkungen ausgesetzt seien. Ähnlich meditative Züge biete nur das Schwimmen. Zentral sei jedenfalls die ständige Wiederholung, die dadurch etwas Meditatives erhalte. Genau dieses meditative Element ermögliche transzendentale Erfahrungen – vor allem in der klassischen Laufdistanz Marathon über 42,2 Kilometer.


Wie eine Gotteserfahrung
„Gerade der Marathon ist für mich ein Beispiel für eine Ostererfahrung: Ich gehe durch
eine Krise, die man aus eigener Kraft nicht bewältigen kann. Wenn beim Marathon der
Stoffwechsel bei ca. Kilometer 35 von Kohlenhydrat- auf Fettverbrennung umstellt, hat
man oft keine Kraft mehr. Dann saugt man die Musik auf oder die Gesichter der jubelnden
Menge, sucht krampfhaft Hilfe von außen. Wenn es dann doch weitergeht, wo man dachte, es geht nicht mehr weiter, das kann einer Gotteserfahrung gleichkommen.“

                                                                                                                       Saskia Bellem
 

 

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