Mag. Lukas Cioni
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miteinander-Magazin
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miteinander 5-6/2025
Steffie Sandhofer und Constanze Huber sitzen auf dem Sofa und haben ihre Smartphones in der Hand, als sie für das miteinander-Magazin die letzten fünf Jahre ihrer digitalen Glaubensreise Revue passieren lassen. Sie klicken sich durch Instagram, erzählen von seelsorglichen Unterhaltungen, Gebeten und Glaubenserfahrungen auf der Social-Media-Plattform. Beide stehen in ihren Dreißigern, Sandhofer ist hauptberuflich Pastoralassistentin in der Jungen Kirche der Erzdiözese Wien, Huber arbeitet als Kulturmanagerin. Sie engagieren sich ehrenamtlich in der „digitalen Kirche“. Denn die zwei verfolgen ein Ziel: Sie möchten Kirche digital denken und leben.
Online Glauben teilen
Alles begann 2020 auf dem Sofa, als im März die Corona-Pandemie ausbricht. „Wir wollten gemeinschaftliches Beten im Lockdown ermöglichen, denn die Gottesdienstübertragungen allein waren uns zu wenig“, erinnert sich Sandhofer. Die beiden fragen sich, was es für einen Online-Gottesdienst braucht, damit sich Menschen trotz Lockdown interaktiv daran beteiligen können. Sehr schnell entscheiden sie sich für die Social-Media-Plattform Instagram, die aktuell 3,2 Millionen Menschen in Österreich nutzen, und gründen dort ehrenamtlich den Kanal @weilmaglaubn („weil wir glauben“).
Sie beginnen, an Sonntagabenden Livestreams mit einem Abendgebet zu gestalten, im Advent gehen sie um 6:00 Uhr Früh mit einem Rorate-Gebet live. Zusätzlich teilen sie in Postings „was wir lieben, was uns umtreibt, was uns Sorgen bereitet und wofür wir uns einsetzen“, wie es die beiden Social-Media-Enthusiastinnen formulieren. Sie sprechen in Videos und Texten über ihren Zugang zu Gott, wie ihnen Musik hilft, ins Gebet zu finden, und welche Reformen sie sich in der katholischen Kirche wünschen. Sandhofer und Huber nehmen die Menschen mit in ihren Alltag und sprechen darüber, welche Begegnungen Eindruck hinterlassen haben und wie es ihnen gerade geht.
Gesicht zeigen und andere anstecken
Das Herausforderndste dabei? „Es war ein schwieriger Schritt, dass wir unsere Gesichter bei jedem Posting zeigen. Denn Glaubensinhalte sind sehr persönlich und das Gesicht bürgt für das, was im Text steht. Wir können nicht von Tiefgehendem schreiben, wenn wir nicht unser Gesicht zeigen“, sagt Huber. Dadurch machen sie sich auch verletzbar. Über ihren Glauben erzählen sie vor allem in der Art und Weise, wie sie ihren Alltag leben: „Wir haben keine Botschaft, die wir den Leuten aufs Auge drücken wollen, sondern wir möchten mit unserer Art zu glauben andere anstecken“, so Huber weiter. Und Sandhofer setzt fort: „Uns geht es darum, Menschen mit Gott in Berührung zu bringen. Wir wollen, dass Gott im Alltag funktioniert.“
In den vergangenen fünf Jahren sind so mehr als 560 Postings entstanden, dem Instagram-Kanal folgen mittlerweile 1500 Menschen. In Privatnachrichten wenden sich Menschen mit seelsorglichen Anliegen an die ehrenamtlich Engagierten. Auch konträr diskutierte Dinge sprechen Sandhofer und Huber an und laden zum Dialog ein: Segnung homosexueller Paare, Frau-Sein in der Kirche, problematische Texte in modernen christlichen Liedern. Jeder Kommentar unter ihren Postings wird beantwortet, keiner wird gelöscht.
Digital und analog verknüpfen
Mit dem Format „#gspian“ („spüren“) versuchen sie, die digitale und analoge Welt miteinander zu verknüpfen: Bereits drei Mal luden sie zu einem Abend in Präsenz ein und übertrugen die Veranstaltung im Livestream. Jedes Mal war ein anderes existentielles Thema im Fokus: Tod, Trauer, die eigene Vergangenheit. Sehr persönlich erzählen sie aus ihrem Leben, bringen Erfahrungen in Liedtexten zum Klingen und laden die Teilnehmenden ein, in Mitmach-Stationen ihr eigenes Leben zu reflektieren.
Die Social-Media-Arbeit hat die beiden verändert: „Ich beschäftige mich viel intensiver mit meinem Glauben. Weil auf Instagram muss man gut argumentieren können, wofür man steht“, resümiert Sandhofer. Und Huber fasziniert die Gemeinschaft auf Social Media: „Ich habe erkannt: Wir sind nicht die Letzten, die Kirche gestalten wollen. Es gibt weiterhin viele, die an Kirche arbeiten. Online können wir uns vernetzen. Das ermutigt mich!“
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