Mag. Lukas Cioni
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miteinander-Magazin
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Sonntagvormittags zelebrieren sie die Heilige Messe. Doch dann tauschen sie mehrmals im Jahr das Messgewand gegen ihre geliebten Fußballdressen: die Mitglieder der österreichischen Priesterfußnationalmannschaft. Ehrgeizig will man sich aus christlicher Demut heraus als Pfarrer oder Kaplan nicht nennen lassen, aber den Gotteskickern merkt man doch an, dass sie auch gern gewinnen. Als Gegner stechen prominente Mannschaften hervor: das österreichische Autorenteam, die Ärztenationalmannschaft oder Politiker. Matches gegen Letztere lassen sich unter dem Motto „Don Camillo gegen Peppone“ immer gut vermarkten und es kommen Hunderte oder gar Tausende Fans. Die Priesternationalmannschaft spielt immer für einen guten Zweck, immer profitieren bedürftige Menschen.
Die Priesterelf – manche meinen, es sei Gottes liebste Mannschaft – ist bunt zusammengewürfelt: Ordensleute und weltliche Geistliche; einige mit dezentem Bäuchlein, andere mit Regionalliga-Erfahrung; Männer aus allen Diözesen; in Österreich Geborene oder aus anderen Ländern und das Alter erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte. Wobei der 58-jährige Pfarrer Hans Wurzer aus Opponitz, der im Tor spielt und Kapitän ist, das Aushängeschild ist. Er organisiert das Team, ist medial präsent und holte sich schon oft eine blutige Nase oder eine ausgekegelte Schulter bei Einsätzen. Über Erfolg und Misserfolg entscheidet manchmal bereits, ob es die oft gestressten Fußballer rechtzeitig bis zum Anpfiff aus der Kirche aufs Spielfeld schaffen ...
Bischöfe im Tor
Bisherige Höhepunkte waren ein Länderspiel gegen Kroatien, als man vor über 10.000 Zuschauern antrat, Benefizspiele wie jenes in Zwettl, durch das eine Armenschule in Peru fertig finanzierte wurde, sowie die jährlichen Hallen-Europameisterschaften mit Geistlichen aus ganz Europa. 2015 richtete Österreich das Turnier in St. Pölten aus und bot dabei das Bild einer jungen, bunten und fröhlichen Kirche. Einige Bischöfe dürften gezittert haben, ob nur ja nicht zu viele Seelsorger danach verletzungsbedingt ausfallen.
Besonders imponieren Spiele bei der jährlichen EM, wo Priester aus 16 Ländern antreten: von Kasachstan über Kosovo bis hin zu Polen. Polen gilt immer als Titelaspirant, da die Faustregel zählt: Je mehr junge Priester ein Land hat, desto höher sind die Siegeschancen. Daher zählen auch Kroatien, Bosnien oder Portugal zu diesem Kreis. Mag Österreich auch stets im Mittelfeld landen, unsere Spieler dürfen die europäische Universalität erleben: Alle Nationen bringen ihre jeweiligen Lieblingslieder mit und Höhepunkte sind die gemeinsam gefeierten Gottesdienste. Bei manchen Teams steht ein Bischof im Tor und die eine oder andere Nation, in der die katholische Kirche eine Minderheit ist, schickt fast die ganze Priesterschaft zur EM.
Hans Wurzer betont: „Wir als österreichische Priesternationalmannschaft versuchen, die Internationalität der Kirche aktiv zu leben, mit Benefizspielen Ausgegrenzten zu helfen und Kirche als sportlich modern und überregional zu leben und zu präsentieren.“ Die „Nachwuchssuche“ ist doch eher mühsam, der Kapitän freut sich, wenn sich neue Spieler für das Team melden.