Mag. Lukas Cioni
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miteinander 5-6/2025
„Wir sind etwas Neues. Eine neue Form von Jugendarbeit. Eine neue Form von Gemeinde.“
Ich bin Jugendleiterin, also korrekt: Pastoralassistentin in der Jugendarbeit. Aber in meinem Alltag, werd ich als Jugendleiterin Magdalena bezeichnet. Und eigentlich bin ich für die Meisten einfach Magdi.
Meine Mutter wäre ziemlich genervt, wenn sie das lesen würde, hat sie doch den Namen sehr bewusst ausgesucht. Und vielleicht fühlen sich manche jetzt beim Lesen genauso unwohl, wenn ich sage, dass ich in der Jugendarbeit ganz wenig vom Amt als Pastoralassistentin spüre, wahrnehme und brauche. Was ich ganz dringend brauche ist Persönlichkeit und Authentizität.
Am Lebensweg begleiten
Ich bin wirklich gerne Jugendleiterin, was ist das für ein cooler Beruf, in dem man Menschen auf ihrem Lebensweg begleiten darf. Zusehen und miterleben kann, wie sie wachsen und sich entwickeln. Aber nicht nur das. Man kann sich auch selbst weiterentwickeln und immer die eigene Persönlichkeit einbringen. In meinen 12 Jahren als Jugendleiterin war kein Jahr, wie das davor. Gemeinsam werden Projekte entwickelt und umgesetzt. Dafür werden Ressourcen und vor allem Zeit zur Verfügung gestellt. Wie genial ist es, dass es der Diözese wert ist, mich Vollzeit anzustellen? Ich kann meine Zeit und Energie für die Kirche, die Gemeinschaft, das Reich Gottes einsetzen. Nicht erst nachdem ich mich um meinen Lebensunterhalt gekümmert habe. Das erlebe ich als großes Privileg.
Strohhalme
Mir wurde zu Beginn meiner Tätigkeit mal gesagt, dass man in einer Pfarre 3 Jahre braucht, bis man angekommen ist. In der Jugendarbeit aber 7 Jahre. Diese Aussage hat mich sehr genervt, aber sie hat sich bewahrheitet. In den Jahren davor, hatte ich schon auch ein paar Highlights. Diese waren die Strohhalme, an die ich mich klammerte. Meine Hauptaufgabe war Menschen kennenlernen. Im 7. Jahr ging dann eine Saat nach der anderen auf. Und gemeinsam mit einigen von diesen Menschen, ist die junge Gemeinde „Sankt.“ entstanden. Aus Menschen FÜR die ich etwas gemacht habe, wurden Mitbauer*Innen, die MIT mir Kirche gestalten. „Sankt.“ gibt es jetzt seit Herbst 2017. Und das obwohl niemand so genau weiß, was wir sind. Wir passen in keine Box. Man kann sagen was wir nicht sind. Keine Pfarre. Kein Jugendzentrum. Keine Jugendkirche. Kein Verein. Keine Erneuerungsbewegung. Keine KJ-Gruppe. Wir sind etwas Neues. Eine neue Form von Jugendarbeit. Eine neue Form von Gemeinde. Und somit bin ich auch nicht Gemeindeleiterin oder sonst irgendwas. Eigentlich bin ich immer noch die Magdi. Jetzt halt, die Magdi von „Sankt.“
Ein bisschen von allem
In einem Artikel wurde ich mal als Mastermind von „Sankt.“ bezeichnet. Das war mir natürlich unangenehm und hat für viele Scherze gesorgt. Aber irgendwie beschreibt es ganz gut wofür ich bei „Sankt.“ da bin. Für alles.
Ein bisschen Seelsorgerin, ein bisschen Managerin, Köchin, Ideengeberin, Gebetsleiterin, Musikerin, Reinigungskraft, Motiviererin, Zusammenhalterin und noch vieles mehr. Teilweise schmerzvolle Grenzen erlebe ich im Bereich der Liturgie. Schon als Kind habe ich mir immer beim Ministrieren überlegt, wie man anders, lebendiger und lebensrelevanter feiern könnte. Wie man die Menschen aktiv mitfeiern lassen kann. Mir war oft fad in der Kirche und ist es auch heute noch. Natürlich weiß ich, dass es verschiedene Feierformen gibt. Und trotzdem habe ich erlebt, dass Eucharistiefeiern Quelle und Höhepunkt in unserem Alltag sein können. Deshalb mag ich daran festhalten und auch als junge Gemeinschaft Messe feiern. Aber dafür müssen wir immer jemanden finden, der Zeit hat, sich bereit erklärt mit uns und auch in unserer Art zu feiern.
Manchmal träume ich und überlege mir, wie wir feiern würden, wenn es die Regeln und Einschränkungen nicht gäbe. Wie sähe „tut dies zu meinem Gedächtnis“ dann aus?
Den Glauben ins Wort bringen
In meinem Traum, stehe nicht ich an der Stelle, an der jetzt ein Priester steht. Vermutlich wäre es manchmal ich. Aber ich sehe da auch die 16-jährige Schülerin, die schon seit Jahren ministriert. Die bis vor 2 Jahren kaum ein Wort gesprochen hat und jetzt ihren Glauben ins Wort bringt und immer wieder mit anderen teilt. Ich sehe den Medizinstudenten, der schon so viel mit mir vorbereitet hat und eines Tages meinte: Magdi, heute würde ich gerne durch das Gebet führen. Passt das? Ich sehe die junge Juristin, die aus einer „fernstehenden“ Familie kommt, die penibel und liebevoll ihr Glaubenszeugnis vorbereitet. Oder auch den jungen, coolen Basketballspieler, der Mesner war und dem schon oft gesagt wurde, dass er ein super Priester wäre. Der mir aber sagt, dass das Priesterbild so gar nicht zu ihm passt.
All diese Menschen und noch viele mehr könnten in meinem Traum Brot und Wein mit der Gemeinde teilen. Als Pastoralassistentin würde es mir eine riesige Freude machen, diese Gemeinde weiter aufzubauen, sie zu begleiten, die Menschen in ihr zu befähigen ihre Talente einzusetzen, den Überblick zu behalten und für den Zusammenhalt zu sorgen.
Ich bin wirklich sehr gespannt, wohin sich die katholische Kirche entwickeln wird. Wie wird sie in ein paar Jahren ausschauen? Wie werden sich unsere Rollen weiterentwickeln? Wie werden wir miteinander feiern?
Magdalena Ganster
ist Jugendleiterin in St. Pölten. Ihr Ziel ist es, junge Menschen auf ihrem Lebensweg zu begleiten und gemeinsam mit ihnen eine moderne Kirchengemeinschaft aufzubauen. 2017 initiierte sie die Gemeinschaft „Sankt.“ für Jugendliche und junge Erwachsene in St. Pölten.
Quellenverweis:
Amt ohne Weihe – aber mit Missio(n). Pastoralassistent:innen/-referent:innen in der Kirche der Zukunft, brosch: 2024, ISBN: 978-3-99106- 136-6, € 32,90