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Aus dem neuen »miteinander«

„Kiche als Weggemeinschaft stärken“

Interview mit Weihbischof Johannes Freitag

Ein Gespräch mit dem neuen Grazer Weihbischof Johannes Freitag über Berufung, Zweifel, Synodalität.

Das Interview führte Henning KLINGEN

miteinander 5-6/2025

miteinander-Magazin 5-6/25

Herr Weihbischof, wenn ich in IhreBiografie schaue, dann sieht das alles sehr „straight“ aus: Mit 20 ins Priesterseminar eingetreten, Theologiestudium, Diakon- und Priesterweihe. War ihr Berufungsweg tatsächlich so klar?

Also, eine „gemähte Wiese“, wie man sagt, war es nicht. Aber tatsächlich wollte ich schon von Kindertagen an Pfarrer werden. Dabei spielte meine familiäre Prägung natürlich eine große Rolle. Meine Eltern haben uns Kindern nicht nur die christlichen
Feste nahegebracht, sondern auch deren tiefere Bedeutung. Es gab nicht nur den Rahmen eines Festes, wie das Ratschen zu Ostern oder die Osterspeisensegnung, sondern sie haben uns das „Bild“ dazu vermittelt – das Leuchten der Botschaft: dass Gott uns liebt, über den Tod hinaus. Außerdem war mein Heimatpfarrer eine prägende Person für mich. Mich hat fasziniert, mit welcher Freude dieser Priester seine Aufgabe erfüllt hat. Da dachte ich mir schon als Kind: Wenn jemand das so lange macht und dabei immer so eine Freude ausstrahlt, muss das etwas Besonderes sein.

 

Was wäre Ihr Rat an junge Priesteramtskandidaten?
Es ist wichtig, offen zu sein für das ganze Spektrum des Lebens. Wenn jemand Priester werden will, sollte er sich auch vorstellen können, ein guter Ehemann oder Familienvater zu sein. Wer nicht fähig ist, diese Rolle zu übernehmen, tut sich wahrscheinlich schwer, ein guter
Priester zu sein. Ich glaube, es braucht diesen inneren Reichtum, dieses Verständnis für andere Berufungen. Es ist für mich immer eine Freude, wenn Menschen bereit sind, eine Familie zu gründen und eine dauerhafte Beziehung einzugehen. Nie sollte man aus der Perspektive der Ehelosigkeit mit Neid auf Menschen in Beziehung und Familie blicken. Eine gute Mutter, ein guter Vater zu sein, ist genauso eine von Gott geschenkte Berufung wie die zum Priestersein.

 

Ihr Studium und Ihre Weihe fielen ja in die großen Kirchenkrisen in Österreich: Ende der 1990er-Jahre die Causa Groër, dann der Skandal um das Priesterseminar in St. Pölten. Hat das Ihre Berufung infrage gestellt?
Tatsächlich haben mich diese Ereignisse und der kirchliche Umgang damit sehr irritiert. Auch die damaligen Bischofsbestellungen waren belastend. Dennoch bin ich dankbar, dass mir die Freude am Glauben nie genommen wurde. Das ist auch mein Primizspruch und mein bischöflicher Wahlspruch: „Die Freude am Herrn ist eure Stärke.“ Diese Freude war tief in meinem Herzen verankert. Trotz all der Skandale habe ich gesehen, dass Kirche weiter lebt – in der Caritas, in neuen Gemeinschaften und in vielen Pfarren, die sich um ein reges Glaubensleben bemühen. Das hat mir Hoffnung gegeben.


Sie sind neuerdings Bischofsvikar für Synodalität. Welche Chancen sehen Sie da für die Kirche?
Ich habe schon bei der Diözesankonferenz, die heuer zum ersten Mal in unserer Diözese stattfindet, gespürt, wie bunt die Kirche ist. Es geht darum, die Kirche als Weggemeinschaft zu stärken, und darum, der Eigenverantwortung der Getauften mehr Raum zu geben. Zum Beispiel in der Organisation von Pfarren oder Seelsorgeräumen, bei Begräbnissen und in der Vorbereitung auf die Sakramente. Frauen könnten größere Aufgaben übernehmen. Der Diakonat für Frauen ist ja auch ein Thema. Aber wir müssen darauf achten, dass wir die Einheit der Weltkirche nicht gefährden. Eine einfache Sache wäre mehr Transparenz bei der Ernennung von Bischöfen …
In diesem Zusammenhang erkenne ich durchaus in aller Herausforderung zwischen Transparenz und Zurückhaltung positive Ansätze. Die Befragung in den jeweiligen Diözesen zu geeigneten Bischofskandidaten, aber auch die Erarbeitung eines Dreiervorschlags sind für mich wertvolle Schritte in eine gute Richtung. Ich persönlich war froh, dass mich die Ernennung zum Weihbischof völlig überrascht hat und mein Name nicht schon Monate in Medien herumkursiert ist. Die Form der Beteiligung in diesem Zusammenhang muss in der Spannung von Geschwätz und Ernsthaftigkeit gut ausgewogen sein.


Wo müsste Berufungspastoral heute verstärkt investieren?
Berufungen wachsen aus lebendigen Glaubensgemeinschaften heraus. Wenn Christsein überzeugend gelebt wird, entstehen daraus Berufungen – zum Ordensleben, zum Priestertum, aber auch zu einem Leben als engagierte Christinnen und Christen. Es braucht eine erfahrbare Freude am Glauben, die ansteckend ist. Das ist der Humus, auf dem Berufungen wachsen.


Am 1. Mai findet Ihre Bischofsweihe statt. Wie blicken Sie darauf?
Mit Demut und Respekt. Es ist eine neue Aufgabe mit einem weiteren Horizont. Es wird andere Begegnungen geben, andere Gestaltungsmöglichkeiten. Ich freue mich auf diese Herausforderung – und bin dankbar für das Vertrauen, das mir entgegengebracht wird. 

 

Sie haben zudem 2012 ein MBA-Studium an der Wirtschaftsuni Wien abgeschlossen. Warum? War das „Plan B“?

Nein, ich habe mich nur immer schon auch für Wirtschaft interessiert. Der Wunsch, Priester zu werden, war stets bestimmend. Aber ich habe auch immer Wert darauf gelegt, möglichst frei zu sein – selbstverantwortlich zu leben, die Augen in alle Richtungen offenzuhalten. Daher auch Wirtschaft. Und daher auch mein Engagement beim Österreichischen Jugend-Rotkreuz im Zusammenhang mit einem internationalen Studien- und Freundschaftslager, das jedes Jahr in Langenlois stattgefunden hat. Diese Sommerwochen während des Studiums haben mich menschlich geprägt und weiterentwickelt. Diese ganze Breite an Erfahrungen war für mich wichtig, um den Horizont weit zu halten. Und in dieser Phase ist dann der Wunsch umso stärker geworden, Priester zu werden.

 

Ihre Zuversicht speist sich auch aus einer tiefen volkskirchlichen Prägung. Aber das ist nicht mehr selbstverständlich, selbst am Land. Wie blicken Sie in die Zukunft?

In den letzten Jahren habe ich als Priester gelernt, nicht mehr von hundert auf null, sondern von eins auf hundert zu zählen. Das heißt: Jeder Einzelne, der seinen Glauben lebt, ist ein Geschenk. Ich habe die Volkskirche meiner Kindheit erlebt, aber sie war nicht überall so lebendig, wie man das vielleicht glaubt. Ich idealisiere nichts. Wichtig ist, dass wir Menschen ermutigen, ihren Glauben spürbar zu machen – im Alltag, in kleinen Zeichen wie dem Kreuzzeichen im Restaurant. Es geht um eine bewusste Haltung, die sagt: „Ich bin Christ.“

 


miteinander-Magazin 5-6/25

Johannes Freitag
ist römisch-katholischer Priester und designierter Weihbischof der Diözese Graz-Seckau.

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