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Aus dem neuen »miteinander«

Alternativ gelesen: Die Ostergeschichte

Weibliche Leseart

Wenn Menschen an biblische Geschichten denken, dann sind das meist Geschichten mit männlichen Akteuren inklusive Gott, der auch meistens als männlicher Akteur wahrgenommen wird. Von Annette JANTZEN

 miteinander 3-4/2025

miteinander-Magazin 3-4/25

Warum das so ist, liegt zum Teil an der Schwierigkeit von Übersetzungen – wichtige Gottesattribute etwa, wie die Barmherzigkeit, verlieren in der Übersetzung ihre klar weibliche Konnotation, die ihnen im Hebräischen eignet, im Fall der Barmherzigkeit die „Mutterschößigkeit“, denn das hebräische Wort für Barmherzigkeit – rechama – leitet sich direkt vom Wort für Gebärmutter ab: rächäm. Oder wichtige Gottesattribute erhalten in der Übersetzung eine männliche Konnotation, wie die Herrlichkeit, die im Deutschen so deutlich an „Männlichkeit“ erinnert, im Hebräischen aber zuerst „Schwere“ heißt – etwas, das Gewicht hat, und wo dann noch das Bedeutungsfeld von etwas Lichtvollem hinzutritt: Gottes Glanz. Auch die zahlreichen Frauengeschichten der Bibel bleiben weitgehend unerinnert und dabei sind auch sie schon nur die Spitze des Eisbergs – der viel größere Rest ist „im Meer der Vergessenheit untergetaucht, wenngleich manchmal noch in seinen wahren Ausmaßen erahnbar” (Irmtraud Fischer).


Verblasste Erinnerung
Das gilt auch für die Ostererzählungen. So ist ein bekannter Topos in der Erinnerung an Jesu Tod, dass ihn „alle“ verlassen hätten. Dabei wird von Frauen aus seinem Schüler*innenkreis erzählt, dass sie bei ihm blieben – etwas, das trotz des großen Mutes, der dafür nötig ist, in der Erinnerung meist verblasst, zu stark ist das Motiv, „alle“ seien geflohen.


Manche Geschichten sind nur noch erahnbar, weil sie zum untergegangenen Teil des Eisbergs im „Meer der Vergessenheit“ gehören, so etwa die Berufungsgeschichten der Frauen um Jesus. Sie tauchen auf einmal auf, etwa bei Lukas, der zu Anfang des 8. Kapitels seines Evangeliums einige von ihnen beim Namen nennt. An dieser Stelle wird erkennbar, dass vorher, wenn in der Pluralform von den „Jüngern“ die Rede ist, die Frauen in der männlichen Sprachform
unsichtbar geworden sind. Solche Prozesse lassen sich zeigen, aber die eingeschliffenen Hörgewohnheiten und die überlieferten, vereinfachten Bilder sind ausgesprochen stark und enteignen Frauen fortgesetzt der Möglichkeit, sich in den Geschichten wiederzufinden.

 

Lücken im Text
Eine Möglichkeit, diese Geschichten zumindest ansatzweise wieder sichtbar zu machen, ist die historisch-kritische feministische und mit Gendersensibilität ausgestattete Exegese, die nach dem Vergessenen fragt. Eine andere Möglichkeit ist der Bibliolog, der davon lebt, in den Lücken im Text nach neuen Sichtweisen zu suchen: Hierbei werden biblische Texte in Abschnitten in einer Gruppe vorgelesen und wird dann je einer Figur in einem Abschnitt eine Frage nach ihrem Erleben gestellt, die die Teilnehmenden dann aus deren Perspektive beantworten: Wie fühlt sich das für dich an? Was lässt dich das sagen? Was geht dir durch Kopf und Herz? Besonders aufschlussreich kann dabei sein, die unerwähnten Anwesenden sprechen zu lassen – eine Bedienstete im Haushalt, die Mutter eines gesegneten Kindes, einen Gottesdienstbesucher. Ansatzweise wird so erfahrbar, wie viele unterschiedliche Geschichten sich im Text auffinden lassen: Es ist noch so viel zu entdecken.

 


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Dr. Annette Jantzen

ist Autorin und Projektleiterin bei „Kirche im Mentoring“ des Hildegardis-Vereins in Bonn. Nach dem Studium der Katholischen Theologie folgte die Promotion im Fach Mittlere und Neuere Kirchengeschichte sowie die Geistliche Leitung im Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) Aachen und Tätigkeiten im Bereich Frauenseelsorge.

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